Studienveröffentlichung

Klimaneutralität braucht gesellschaftliche, technische und ökonomische Ansätze

Pressemitteilung /

22 Jahre hat Deutschland noch, um Netto-Treibhausgasneutralität zu erreichen. Hierfür braucht es rasche und ambitionierte Maßnahmen zum Umbau der Energieversorgung und zur Dekarbonisierung der Industrie. Fraunhofer IEG hat als Teil des Akademienprojektes »Energiesysteme der Zukunft« untersucht, wie diese Transformation gelingen kann. Die aktuelle Stellungnahme zeigt: Nur im Zusammenspiel gesellschaftlicher, technischer und ökonomischer Lösungsansätze ist Klimaneutralität zu erreichen. Dabei spielt auch die Senkung der Energienachfrage eine entscheidende Rolle.

Titelseite der Stellungnahme »Szenarien für ein klimaneutrales Deutschland. Technologieumbau, Verbrauchsreduktion und Kohlenstoffmanagement«.
© Schriftenreihe Energiesysteme der Zukunft
Titelseite der Stellungnahme »Szenarien für ein klimaneutrales Deutschland. Technologieumbau, Verbrauchsreduktion und Kohlenstoffmanagement«.

»Energieeinsparungen bedeuten nicht, dass der Ausbau der Erneuerbaren und der Umbau der Energieinfrastrukturen weniger stark vorangetrieben werden sollten. Und die Diskussion und Entwicklung von CO2-Entnahmeverfahren ist unabdingbar, darf aber nicht die Anstrengungen bezüglich Vermeidung von Emissionen mindern. Nur auf die eine oder die andere Option zu setzen, wird nicht ans Ziel führen«, betont Mario Ragwitz, Co-Leiter der Arbeitsgruppe im Akademienprojekt, Institutsleiter der Fraunhofer-Einrichtung für Energieinfrastrukturen und Geothermie IEG sowie Professur für Integrierte Energieinfrastrukturen an der Brandenburgisch Technischen Universität Cottbus-Senftenberg.

Der Ausbau der erneuerbaren Energien und der technologische Wandel im Wärme-, Verkehrs- und Industriesektor sind aus Sicht der Arbeitsgruppe die Grundpfeiler dieser Transformation. Wenn die heutigen Energieverbrauchsmuster gleich bleiben, werde es jedoch sehr schwer, nur mit ihnen die Klimaziele zu erreichen. Es müsse auch der Energieverbrauch sinken, und zwar nicht nur durch eine höhere Energieeffizienz, sondern auch durch eine Senkung der Nachfrage nach Energiedienstleistungen (Suffizienz). Für eine klimaneutrale Industrie ist nach Ansicht der Arbeitsgruppe ein Dreiklang von Maßnahmen nötig: die Implementierung klimaneutraler Prozesse basierend auf grünem Strom und grünem Wasserstoff, eine Stärkung der Kreislaufwirtschaft und ein sparsamer Umgang mit Materialien oder ihre Substitution durch klimafreundlichere Alternativen. Jedoch auch bei bestmöglichem Gelingen der genannten Maßnahmen werde es nötig sein, schwer vermeidbare Emissionen aus Industrie und Landwirtschaft auszugleichen, indem man CO2 dauerhaft aus der Atmosphäre entfernt und somit negative Emissionen erreicht. Um dies zu ermöglichen, müsse die Abscheidung und Speicherung von CO2 (CCS) gesellschaftlich neu diskutiert werden. Zudem sollten die Entwicklung und der Markthochlauf von technischen und natürlichen CO2-Entnahmeverfahren regulatorisch unterstützt und eine übergreifende Strategie für nachhaltiges Kohlenstoffmanagement gestaltet werden.

Die Langfassung der Pressemeldung bei ESYS, die Stellungnahme und mehr Information zum Projekt unter:

Pressemitteilung Veröffentlichung

 

Zitierweise der Stellungnahme

Ragwitz M./ Weidlich, A. et al.: Szenarien für ein klimaneutrales Deutschland. Technologieumbau, Verbrauchsreduktion und Kohlenstoffmanagement (Schriftenreihe Energiesysteme der Zukunft), München 2023.

© iStock.com/gopixa
Veröffentlichungen

Die Arbeitsgruppe »Szenarien für eine klimaneutrale integrierte Energieversorgung und Produktion« in ESYS

Die klimapolitischen Ziele wurden in Deutschland und Europa verschärft, eine globale Wasserstoffwirtschaft ist im Entstehen und Potenziale zur Entnahme von CO2 aus der Atmosphäre (negative Emissionen) sollen ausgelotet werden: Wie wirken sich diese Entwicklungen auf die Energiewende aus? Die Arbeitsgruppe unter Leitung von Prof. Dr. Mario Ragwitz, Fraunhofer-Einrichtung für Energieinfrastrukturen und Geothermie IEG, und Prof. Dr. Anke Weidlich, Albert-Ludwig-Universität Freiburg, Institut für nachhaltige technische Systeme (INATECH), untersucht, wie mögliche Wege in die Klimaneutralität vor 2050 unter diesen veränderten Vorzeichen aussehen können. Anhand eines Vergleichs aktueller Energieszenarien und eigener Modellrechnungen schafft sie einen Überblick über verschiedene mögliche Pfade zur Klimaneutralität und zeigt den Einfluss wichtiger technischer und ökonomischer Parameter und gesellschaftlicher Präferenzen auf die künftige Energieversorgung auf.

Initiative »Energiesysteme der Zukunft« (ESYS)

Die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina, acatech – Deutsche Akademie der Technikwissenschaften und die Union der deutschen Akademien der Wissenschaften unterstützen Politik und Gesellschaft unabhängig und wissenschaftsbasiert bei der Beantwortung von Zukunftsfragen zu aktuellen Themen. Die Akademiemitglieder und weitere Expertinnen und Experten sind namhafte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus dem In- und Ausland. In interdisziplinären Arbeitsgruppen erarbeiten sie Stellungnahmen, die nach externer Begutachtung vom Ständigen Ausschuss der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina verabschiedet und anschließend in der Schriftenreihe zur wissenschaftsbasierten Politikberatung veröffentlicht werden.

Für die gemeinsame Initiative »Energiesysteme der Zukunft« (ESYS) hat acatech die Federführung übernommen. Im Akademienprojekt erarbeiten mehr als 160 Energiefachleute aus Wissenschaft und Forschung Handlungsoptionen zur Umsetzung einer sicheren, bezahlbaren und nachhaltigen Energieversorgung. 

Actech.de leopoldina.org Academieunion.de