Oberflächennahe Geothermie in Spanien

Geo2Spain: Weiterbildung »made in Germany« für geothermische Planung und Bohrung in Spanien

Anders als in Deutschland gibt es in Spanien nur wenige und eher regionale Wasser und bergrechtliche Vorgaben für die Errichtung einer Erdwärmeanlage. Quantitativ sind in Spanien aktuell mindestens 600 Bohrbetriebe aktiv, die jedoch nur selten Geothermiebohrungen umsetzen. Eine unternehmens- oder personenbezogene Zertifizierung zur Qualitätssicherung gibt es jedoch nicht. Ferner fehlt ein Pendant zur deutschen Ausbildung zum Brunnenbauermeister. Vielmehr ist die Berufsbildung in Spanien eher schulisch orientiert und besitzt mit einem Praxisanteil von ca. 20 % nur eine geringe Praxisorientierung [www.bibb.de/govet]. Dies führt zu der Situation, dass trotz einer hohen Arbeitslosenquote von 20 % ein Mangel an qualifizierten Fachkräften besteht [BIBB (2016): Marktstudie Spanien]. Allerdings wurde der Bedarf an Qualitätsstandards für die Planung und Installation von Erdwärmeanlagen erkannt. Diese wurden 2014 mit Erscheinen der Norm UNE 100715-1 erstmalig verbindlich festgelegt. Fort- und Weiterbildungen mit Bezug zu dieser Norm sind aber bisher nicht etabliert, vollständig fehlen duale Angebote mit hohem Praxisanteilen. Der einzige Ansatz war eine von der spanischen Technologieplattform GEOPLAT initiierte Weiterbildung auf Basis des europäischen Programms GEOTRAINET, welche 2013 eingestellt wurde. Die ursprünglich in zwei Säulen (Planer und Bohrer) angedachte Weiterbildung wurde lediglich für Planer angeboten. Weiterhin gibt es eine Anfang 2019 gestartete Initiative von GEOPLAT und der Weiterbildungsinstitution INCUAL zur Schulung von Heizungsinstallateuren.

Zertifizierte Weiterbildung auf drei Niveaustufen: zum Vorgehen im Projekt geo2spain

Zusammengefasst kann festgestellt werden, dass weder eine grundständige Ausbildung noch entsprechende Weiterbildungen auf dem Gebiet der Erdwärmebohrungen angeboten werden. In der Regel erfolgt lediglich eine Einweisung über die Bohrgerätehersteller. An dieser Situation setzt das Verbundvorhaben geo2spain an. Weiterbildungskurse richten sich an a) Unternehmen, die ihre Kompetenz in diesem Bereich zertifizieren wollen / Geothermie als ein neues Geschäftsfeld erschließen wollen und b) Personen, die durch eine höhere Qualifizierung in diesem Bereich ihre Chancen am Arbeitsmarkt verbessern möchten. Drei Zielgruppen werden im Rahmen von geo2spain adressiert: 1. Ungelernte / Geringqualifizierte (EQF 1-2): Schulung zu Bohrhelfern 2. Handwerker (EQF 3-5): Schulung zu Bohrgeräteführern 3. Handwerker, ggf. mit Zusatzqualifikation (EQF 5-6): Schulung zu Planern Die erste Niveaustufe umfasst 60 Stunden mit einem Praxisanteil von 40 Stunden, die zweite Niveaustufe 80 Stunden (40 h Praxis) und die dritte Niveaustufe 60 Stunden (30 h Praxis). Für die theoretischen Grundlagenmodule ist der Einsatz von E-Learning-Tools geplant.

Ausgehend von 600 am spanischen Markt aktiven Bohrbetrieben und durchschnittlich jeweils drei Mitarbeitern, die tatsächlich Bohrungen erstellen und ebenfalls jeweils drei Mitarbeitern, die helfende Tätigkeiten ausüben, ergibt sich eine potentielle Zielgruppe von bis zu 7.500 Personen für die Angebote der Niveaustufe 1 und 2. Für das Angebot der Niveaustufe 3, ergibt sich die Zielgruppe ebenfalls aus den Bohrbetrieben zzgl. denjenigen Installationsbetrieben, die ebenfalls Planungs- und Dimensionierungstätigkeiten übernehmen. Die Konzipierung der Lehrpläne wird bis September abgeschlossen sein und mündet in die Erstellung von gedruckten und digitalen, zunächst deutschen Kursmaterialien bis März 2020. Die spanischen Materialien werden bis Sommer 2020 vorliegen und anschließen in den ersten Pilotkursen getestet werden. Diese Schulungen finden aufgeteilt in die jeweiligen Niveaus während der Projektlaufzeit in zwei Pilotregionen statt: dem Baskenland und einer weiteren, noch zu identifizierenden Region. Die Praxisanteile, insbesondere für Niveaustufe 1 und 2, finden am Geothermiezentrum Bochum sowie in Spanien statt. Die folgende Evaluation liefert Erkenntnisse für den zweiten Pilotkurs, der für April bis Oktober 2021 vorgesehen ist. Außerdem wird ein Prozessmodell für den Export von Weiterbildungsdienstleistungen in einen Emerging Market entwickelt. Hierzu werden empirische Analysen in Form von Experteninterviews durchgeführt und ausgewertet.

Weitere Markterschließung in Spanien: Chancen für deutsche Zulieferindustrie

Die Marktaussichten in Spanien im Bereich der oberflächennahen Geothermie sind günstig; bei aber gleichzeitig bestehendem enormem Qualifizierungsbedarf. Ziel des Verbundvorhabens ist es daher, ein Weiterbildungssystem für Geothermie zu entwickeln und nachhaltig zu etablieren, welches auch nach der Projektlaufzeit wirtschaftlich fortgeführt werden kann.

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